Montag, 28. September 2015

Wachstum und Theorien der sozialen Gerechtigkeit (2011)

Einen interessantes Argument liefert Wolfgang Kersting in seinem Buch "Theorien der sozialen
Gerechtigkeit" hinsichtlich der Notwendigkeit von Wachstum. Er glaubt, das es dadurch erst möglich wird auch mehr zu verteilen. Das Argument ist durchaus ernst zu nehmen. Hier aber erst einmal die Textpassage, bei der es zunächst um das Verständnis von Gütern allgemein geht:

"Güter können rivalisierend oder nicht-rivalisierend sein. Um rivalisierende Güter handelt es
sich, wenn die Verbesserung der Versorgungssituation des einen eine Verbesserung der
Versorgungssituation des anderen ausschließt. Wenn rivalisierende Güter unvermehrbar sind,
liegen statische Konkurrenzverhältnisse vor. Wenn rivalisierende Güter vermehrbar sind,
können wir von dynamischen Konkurrenzverhältnissen sprechen. Beispiele unvermehrbarer
rivalisierender Güter sind etwa Schokoladenriegel, die die Mutter vom Einkaufen mitgebracht
hat, Ufergrundstücke am Starnbergersee, Land und Bodenschätze. Vermehrbare rivalisierende
Güter kann es trivialerweise nur dort geben, wo es Güterwachstum gibt; und Güterwachstum
gibt es in einer auf Wachstum angelegten Wirtschaftsordnung. Die Verteilungsgerechtigkeit
trifft bei unvermehrbaren rivalisierenden und vermehrbaren rivalisierenden Gütern
offenkundig auf unterschiedliche Probleme. Während sie im Fall unvermehrbarer
rivalisierender Güter sich im Dreieck von Erwerbsgeschichte, Besitzrecht und
Gebrauchszugang bewegt, muß sie sich im Fall der vermehrbaren rivalisierenden Güter wie
etwa Einkommen und Arbeitsplätze auf die Aufgabe einlassen, die Verteilung vermehrbarer
Güter mit den Vermehrungsbedingungen vermehrbarer Güter zu harmonisieren. Und da wohl
davon auszugehen ist, daß grundsätzlich die Gerechtigkeitschance der Verteilungssituation
mit der Zunahme der Güter steigt, sollte es niemanden überraschen, daß die
Verteilungsgerechtigkeit ein fundamentales Interesse an Wachstum hat. Wachstumsschwäche
führt zumindest mittelfristig auch zu einer Gerechtigkeitssklerose. S. 30 "

Wenn der Leser sich dann durch die etwas hochgestochene Formulierung gewühlt hat, das geht das ganze Buch so, dann kommen wir jetzt zu dem angesprochenen Punkt. Ich meine, Gerechtigkeitssklerose ist natürlich eine tolle Sprachschöpfung, das kann ich auch würdigen. :D

Wachstum ist notwendig um etwas verteilen zu können. In der Tat, ich glaube, das entbehrt nicht einer gewissen Logik.

Warum sind dann so viele heutzutage gegen Wachstum?

Wachstumskritiker sind meist dem linken Spektrum zuzuordnen.

Aber ich glaube, es gibt kein vernünftiges Argument gegen die logische Schlußfolgerung, habe ich mehr, kann ich auch mehr verteilen. Und mehr hab ich nur durch Wachstum.

Soweit so gut.

Was natürlich hier jetzt nicht weiter thematisiert wird, was aber in der derzeitigen Wachstumskritik anklingt ist, das das, was an mehr, an Wachstum generiert wird nicht mehr allen proportional gleich zu kommt sondern das immer weniger Menschen immer mehr die Früchte des Wachstums ernten während immer mehr Menschen immer weniger von diesem Wachstum haben.

An der betroffenen Textstelle geht Kersting darauf nicht ein, obwohl es indirekt auch etwas mit
Verteilungsgerechtigkeit zu tun hat und es nicht reicht, einfach nur die logischen Gründe für Wachstum aufzuzeigen. Es muß auch gesagt werden, das Wachstum nur dann gerecht ist, wenn es allen zu Gute kommt.

von onlineredakteur @ 21.11.11 - 22:20:56

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