"In der
ebenfalls damals, zugleich mit der Ölmalerei und dem Kontrapunkt herangereiften
Gartenkunst
erscheinen
dementsprechend die langgestreckten Teiche, Buchengänge, Alleen,Durchblicke, Galerien, um auch im Bilde der freien Natur dieselbe Tendenz zum Ausdruck zu
bringen, welche die von den frühen Niederländern als Grundaufgabe ihrer Kunst empfundene
und von Brunellesco, Alberti und Piero della Francesca theoretisch behandelte
Linearperspektive im Gemälde darstellt. Man wird finden, daß sie als die mathematische
Weihe des durch den Rahmen seitlich abgegrenzten und in die Tiefe mächtig gesteigerten
Bildraumes - sei er Landschaft oder Interieur - gerade damals mit einer gewissen
Absichtlichkeit zum Vortrag gebracht wurde. Das Ursymbol kündigt sich an. Im Unendlichen
liegt der Punkt, in dem die perspektivischen Linien zusammentreffen. Weil sie ihn vermied,
weil sie die Ferne nicht anerkannte, besaß die antike Malerei keine Perspektive. Folglich ist
auch der Park, die bewußte Gestaltung der Natur im Sinne räumlicher Fernwirkung, innerhalb
der antiken Künste unmöglich. Es gab in Athen und Rom keine irgendwie bedeutende
Gartenkunst. S. 310"
Der
Zusammenhang ist interessant und die Fakten sind richtig, allein die
Interpretation Spenglers ist etwas unglücklich.
Ganz richtig
ist im aufgefallen, das die Perspektiven-Malerei erst später entstanden ist.
Und das ein
Nicht-Kennen
der Perspektive selbstverständlich auf alle Gebiete einen Einfluß hat, eben wie
auch das Kennen
der Perspektive einen Einfluss auf alle Gebiete der menschlichen Kultur hat.
Nur ist
Ursache für die Perspektive nicht im Ursymbol zu suchen sondern im menschlichen
Bewußtsein, das sich
dahin entwickelt hat.
Offenbar
und die Belege, auch die von Spengler, scheinen es deutlich zu machen, verstand
man im antiken Griechenland
noch nicht viel von dreidimensionaler Malerei. Ähnlich wie jeder Mensch wenn er
als Kind Bilder
malt, diese 3. Perspektive fehlt. Obwohl man es doch eigentlich sehen müsste,
man bewegt sich ja permanent
im Alltag in einer 3-D-Welt. Aber das Bewußtsein muß das erst erkennen und dann
öffnet sich die dritte
Dimension.
Spengler
macht wieder den Fehler zu meinen, die alten Griechen hätten mit Absicht die
Ferne, also die Perspektive
nicht anerkannt. Das stimmt aber nicht. Sie war ihnen noch nicht bewußt, das
ist der Punkt. Will man die
Ferne nicht anerkennen, dann muß man vorher wissen, was sie eigentlich ist. Die
Griechen wußten es nicht,
das machen auch die Beschreibungen Spenglers deutlich, z.B. wenn er über das
Geschichtsbewußtsein der alten
Griechen schreibt. Auch hier gibt es dieses Phänomen, das kaum sind ein paar
Jahre vergangen, die Griechen
schon längst das Ereignis vergessen hatten, während es in späterer Zeit eine
regelrechte Entwicklung eines
Geschichtsbewußtseins gegeben hat. Auch das hat mit der Entwicklung des
Bewußtseins allgemein zu tun.
von
onlineredakteur @ 26.10.11 - 16:17:53
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