Sonntag, 27. September 2015

Der Untergang des Abendlandes - Fortsetzung Teil 17 (2011)

Heute geht es um einen interessanten Fakt, der Spengler aufgefallen ist:

 
"In der ebenfalls damals, zugleich mit der Ölmalerei und dem Kontrapunkt herangereiften
Gartenkunst erscheinen dementsprechend die langgestreckten Teiche, Buchengänge, Alleen,
Durchblicke, Galerien, um auch im Bilde der freien Natur dieselbe Tendenz zum Ausdruck zu
bringen, welche die von den frühen Niederländern als Grundaufgabe ihrer Kunst empfundene
und von Brunellesco, Alberti und Piero della Francesca theoretisch behandelte
Linearperspektive im Gemälde darstellt. Man wird finden, daß sie als die mathematische
Weihe des durch den Rahmen seitlich abgegrenzten und in die Tiefe mächtig gesteigerten
Bildraumes - sei er Landschaft oder Interieur - gerade damals mit einer gewissen
Absichtlichkeit zum Vortrag gebracht wurde. Das Ursymbol kündigt sich an. Im Unendlichen
liegt der Punkt, in dem die perspektivischen Linien zusammentreffen. Weil sie ihn vermied,
weil sie die Ferne nicht anerkannte, besaß die antike Malerei keine Perspektive. Folglich ist
auch der Park, die bewußte Gestaltung der Natur im Sinne räumlicher Fernwirkung, innerhalb
der antiken Künste unmöglich. Es gab in Athen und Rom keine irgendwie bedeutende
Gartenkunst. S. 310"

Der Zusammenhang ist interessant und die Fakten sind richtig, allein die Interpretation Spenglers ist etwas unglücklich.

Ganz richtig ist im aufgefallen, das die Perspektiven-Malerei erst später entstanden ist. Und das ein
Nicht-Kennen der Perspektive selbstverständlich auf alle Gebiete einen Einfluß hat, eben wie auch das Kennen der Perspektive einen Einfluss auf alle Gebiete der menschlichen Kultur hat.

Nur ist Ursache für die Perspektive nicht im Ursymbol zu suchen sondern im menschlichen Bewußtsein, das sich dahin entwickelt hat.
Offenbar und die Belege, auch die von Spengler, scheinen es deutlich zu machen, verstand man im antiken Griechenland noch nicht viel von dreidimensionaler Malerei. Ähnlich wie jeder Mensch wenn er als Kind Bilder malt, diese 3. Perspektive fehlt. Obwohl man es doch eigentlich sehen müsste, man bewegt sich ja permanent im Alltag in einer 3-D-Welt. Aber das Bewußtsein muß das erst erkennen und dann öffnet sich die dritte Dimension.

Spengler macht wieder den Fehler zu meinen, die alten Griechen hätten mit Absicht die Ferne, also die Perspektive nicht anerkannt. Das stimmt aber nicht. Sie war ihnen noch nicht bewußt, das ist der Punkt. Will man die Ferne nicht anerkennen, dann muß man vorher wissen, was sie eigentlich ist. Die Griechen wußten es nicht, das machen auch die Beschreibungen Spenglers deutlich, z.B. wenn er über das Geschichtsbewußtsein der alten Griechen schreibt. Auch hier gibt es dieses Phänomen, das kaum sind ein paar Jahre vergangen, die Griechen schon längst das Ereignis vergessen hatten, während es in späterer Zeit eine regelrechte Entwicklung eines Geschichtsbewußtseins gegeben hat. Auch das hat mit der Entwicklung des Bewußtseins allgemein zu tun.

von onlineredakteur @ 26.10.11 - 16:17:53

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