Sonntag, 27. September 2015

Der Untergang des Abendlandes - Fortsetzung Teil 13 (2011)


Und noch ein Zitat, welches Spenglers, wie ich meine, postmoderne Sichtweise, beschreibt:

 
"Die Grundzüge des Denkens, Lebens, Weltbewußtseins sind so verschieden wie die
Gesichtszüge der einzelnen Menschen; auch in bezug darauf gibt es "Rassen" und "Völker",
und sie wissen so wenig darum, wie sie bemerken, ob "rot" oder "gelb" für andre dasselbe
oder etwas ganz andres ist; die gemeinsame Symbolik vor allem der Sprache nährt die
Illusion eines gleichartig angelegten Innenlebens und einer identischen Weltform. Die großen
Denker der einzelnen Kulturen sind hierin den Farbenblinden ähnlich, die ihren Zustand nicht
kennen und von denen einer über die Irrtümer des andern lächelt.
Und nun ziehe ich die Folgerung. Es gibt eine Vielzahl von Ursymbolen. Das Tiefenerlebnis,
durch das die Welt wird, durch das die Empfindung sich zur Welt dehnt, bedeutsam für die
Seele, der es angehört, und für sie allein, anders im Wachen, Träumen, Hinnehmen und
Beobachten, anders bei Kind und Greis, Städter und Bauer, Mann und Weib, verwirklicht und
zwar mit tiefster Notwendigkeit für jede hohe Kultur die Möglichkeit der Form, auf der ihr
gesamtes Dasein beruht. Alle Grundworte wie Masse, Substanz, Materie, Ding, Körper,
Ausdehnung und die Tausende in den Sprachen andrer Kulturen aufbewahrten Wortzeichen
entsprechender Art sind wahllose, vom Schicksal bestimmte Zeichen, welche aus der
unendlichen Fülle von Weltmöglichkeiten im Namen der einzelnen Kultur die einzig
bedeutende und deshalb notwendige herausheben. Keines ist in das Erleben und Erkennen
einer andern Kultur genau übertragbar. Keines dieser Urworte kehrt nochmals wieder. Die
Wahl des Ursymbols in jedem Augenblick, wo die Seele einer Kultur in ihrer Landschaft zum
Selbstbewußtsein erwacht, die für jeden, der Weltgeschichte so zu betrachten vermag, etwas
Erschütterndes hat, entscheidet alles. S. 232f."

Ja, recht blumig und bedeutungsschwanger kommen die Sätze von Spengler daher.
Aber was sich auch ableiten läßt, hier spricht ein Geist mit formal-operationalem Bewußtsein.

Die Fähigkeit, die Unterschiede verschiedener Kulturen zusammenzufassen, ist eine Eigenschaft eines formal-operationalen Bewußtseins.

Leider verstrickt sich Spengler wiederum in Widersprüche, die er offenbar selber noch nicht bewußt
wahrgenommen hat.

Wenn die verschiedenen Kulturen, oder auch Rassen oder Völker wie er es hier auch bezeichnen mag, nichts von den Grundzügen des eigenen Denkens wissen, wieso weiß er es? Ist er ein Außerirdischer, einer der jenseits aller Kulturen steht? Nein, natürlich nicht.
Vielmehr lebt Spengler in einer Kultur in der der Bewußtseinsschwerpunkt sich zunehmend im
formal-operationalem Bereich sich verschiebt und dadurch sind die Angehörigen dieser Kultur in der Lage, Vergleiche zwischen verschiedenen Kulturen vorzunehmen und die Gemeinsamkeiten und Unterschiede herauszuarbeiten.

Ich verweise noch mal auf die Worte Spenglers: "Jede Kultur" hat sein Ursymbol. Woher soll er das wissen, wenn jede Kultur sooo andersartig ist, wie er sonst beschreibt. Also gibt es doch Gemeinsamkeiten. Das sah Spengler noch nicht und er erkannte nicht, das seine Kultur eine Höherentwicklung der vorausgegangenen Kulturen war, nämlich der antiken Kultur beispielsweise.

Natürlich kann man sagen, das jede Kultur ein für sich eigenes Ursymbol enthält, aber dann muß man das doch etwas genauer beschreiben. Spengler will es mithilfe von Mathematik, dem Verständnis von Raum und Zeit, von Architektur und Musik, welches jede Kultur hat, beschreiben aber nichts von dem erklärt, warum gerade das so wichtig für ein Ursymbol einer Kultur ist.

von onlineredakteur @ 10.10.11 - 17:17:14

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