Sonntag, 27. September 2015

Der Untergang des Abendlandes - Fortsetzung Teil 11 (2011)

So, heute ein weiteres Zitat, welches Spengler in die Reihe derjenigen einreiht, die erkannten, das
Wissenschaft nicht nur das Erfassen objektiver Gegebenheiten ist und die sich gegen diese naive
Wissenschaftsgläubigkeit manch anderer sträubten bzw. nicht nur gegen die Naivitiät sondern auch gegen das Dogma der Wissenschaft, die zum Szientismus ausartete, also eine Wissenschaft der Wissenschaft willen und der Behauptung, wahr ist nur was objektiv erfassbar wäre.

Das sieht dann in Spenglers Begrifflichkeiten so aus:

"Je historischer man denken wollte, desto mehr vergaß man, wie hier nicht gedacht werden
durfte. Indem man das starre Schema einer räumlichen und zeitfeindlichen Beziehung,
Ursache und Wirkung, gewaltsam auf Lebendiges anwandte, trug man in das sinnliche
Oberflächenbild des Geschehens die konstruktiven Linien des physikalischen Naturbildes ein,
und niemand fühlte - inmitten später, städtischer, an kausalen Denkzwang gewöhnter Geister
- die tiefe Absurdität einer Wissenschaft, welche ein organisches Werden durch methodisches
Mißverstehen als den Mechanismus eines Gewordnen begreifen wollte. S.198"

Spengler wandte sich also gegen das vorherrschende Wissenschaftsparadigma.

Allerdings ist seine Kritik wiederum äußerst unglücklich formuliert und manchmal auch nicht richtig.

Zunächst sei noch mal erinnert, das Spengler bei seiner Beschreibung der Entwicklung von Kultur zu Zivilisation, ein Bild entwirft, welches so mein Eindruck zeigen soll, das die Kultur authentisches Leben bedeutet während Zivilisation eher schon ein Rückschritt oder ein Verfall ist. Ohne das das wirklich klar werden würde, aber egal. Jedenfalls steht im Rahmen des Begriffs Zivilisation auch Stadt, also die Stadt als Organisationseinheit und Vergesellschaftungsform. Die Stadt ist schon ein Zeichen eines Herbstes einer Kultur. Deswegen diese pejorative Beschreibung von 'städtischem, an kausalem Denkzwang gewöhnten Geister'.

Aber wieder zurück zum Zitat. Also es ist wirklich ein ziemliches Durcheinander an Wahrheiten und falschen Behauptungen, so würde ich das sehen.

Die Kritik an der einseitigen Ausrichtung der Wissenschaft wie sie sich seit der Aufklärung entwickelte und deren Behauptung, wahr ist nur das sinnlich fassbare, wobei man unter sinnlich meist die 5 Sinne meinte, diese Kritik ist durchaus berechtigt.

Wie aber Spengler dies dann in seinen Theorie einflechtet ist nun im Grunde das andere Extrem.

Wenn er behauptet, so darf hier nicht gedachtet werden, macht er genau dasselbe was er den Kritisierten vorwirft, er schreibt vor, wie zu denken ist und schließt ein bestimmtes Denken aus. Und das führt nur zu weiteren Streits.

Integral ist das alles ein ganz einfacher Sachverhalt. Die objektive Wissenschaft beschäftigt sich mit den Dingen, die äußerlich sind. Das ist o.k. Aber jedes außen hat ein Innen und das zu negieren wäre unklug, tat aber die Wissenschaft und die Kritik daran ist berechtigt und ich glaube, das wollte Spengler auch damit ausdrücken.

Aber man kann nicht im Umkehrschluß sagen, nur das Innere wäre das Wahre. Nein, Inneres und Äußeres bedingen sich, können aber nicht aufeinander zurückgeführt werden.

Wenn Spengler schon so ein Goethe-Freund ist, dann hätte er den Spruch von Goethe:

Nichts ist drinnen, nichts ist draußen,
denn was innen, das ist außen...
mal berücksichtigen sollen. Aber zugegeben, zur damaligen Zeit war das sicher schwer.
Desweiteren ist diese Logik, das das Städtertum eine Art Degeneration wäre, völlig unhaltbar. Gerade Städte waren der Ausdruck eines neuen Bewußtseins, weil der Austausch von Menschen viel einfacher möglich war.
Kausal zu denken ist kein Denkzwang sondern völlig normal im rationalen Bewußtsein.
Ja, soweit also zum Thema Objektive Wissenschaft.
von onlineredakteur @ 30.09.11 - 18:42:05
 

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen