Diese
poetische Ausdrucksweise ist meiner Meinung durchaus kein Zufall, ich glaube,
das Spengler diese bildhafte
Sprache sehr mochte und ich glaube auch, das er sich damit in der Tradition
Goethes sah, den er sich ja als
Vorbild nahm.
Nun aber
das Zitat:
"Über
diese Fläche hin aber ziehen die großen Kulturen ihre majestätischen
Wellenkreise. Sie
tauchen
plötzlich auf, verbreiten sich in prachtvollen Linien, glätten sich,
verschwinden, undder Spiegel der Flut liegt wieder einsam und schlafend da. S.143"
Das hat
doch schon fast etwas von der Erkenntnis der absoluten LEERE, wie sie Wilber
beschreibt.
Die Suche
ist immer schon vorbei, und das ewige Spiel der Formen geht weiter als Gestik
desGöttlichen, und nicht Suche, sondern Ausdruck des GEISTES sind diese Bewegungen.S.694
Ken
Wilber, Eros, Kosmos,Logos
Na, also
wahrhaft weise gesprochen von Herrn Spengler. Auch das gelingt hin und wieder.
Und er
beschreibt seine Sicht der Dinge im Text weiter mit:
"Eine
Kultur wird in dem Augenblick geboren, wo eine große Seele aus dem
urseelenhaften
Zustande
ewig-kindlichen Menschentums erwacht, sich ablöst, eine Gestalt aus demGestaltlosen, ein Begrenztes und Vergängliches aus dem Grenzenlosen und Verharrenden. Sie
erblüht auf dem Boden einer genau abgrenzbaren Landschaft, an die sie pflanzenhaft
gebunden bleibt. Eine Kultur stirbt, wenn diese Seele die volle Summe ihrer Möglichkeiten in
der Gestalt von Völkern, Sprachen, Glaubenslehren, Künsten, Staaten, Wissenschaften
verwirklicht hat und damit wieder ins Urseelentum zurückkehrt.S. 143"
Da sind
da natürlich in der Tat Andeutungen an etwas, was man Leere bezeichnen kann,
wenn Spengler vom Gestaltlosen
spricht.
Andererseits
ist es hoffnungslos ungenau, wenn er einfach eine Seele postuliert, die aus
einem wiederum überhaupt
nicht genauer beschriebenen urseelenhaften Zustand ewig-kindlichen Menschentums
erwachen soll.
Was das
genau sein, darüber schweigt der Autor. Und seine Kritiker werden hier fröhlich
beginnen, das Werk zu
zereissen.
In diesem
Abschnitt bringt Spengler übrigens noch einen weiteren Begriff ins Spiel bzw.
eine Denkweise, die er sich
zu eigen machen will, nämlich die organische Entwicklung von der Kultur hin zur
Zivilisation. Das klingt dann so:
"Jede
Kultur steht in einer tiefsymbolischen und beinahe mystischen Beziehung zum
Ausgedehnten,
zum Raume, in dem, durch den sie sich verwirklichen will. Ist das Zielerreicht und die Idee, die ganze Fülle innerer Möglichkeiten vollendet und nach außen hin
verwirklicht, so erstarrt die Kultur plötzlich, sie stirbt ab, ihr Blut gerinnt, ihre Kräfte brechen
- sie wird zur Zivilisation.S. 143"
Diese
Bezeichnung 'Zivilisation' finde ich nun wieder sehr ungeschickt. Denn mehr
oder weniger bekommt diese
Bezeichnung eine eher abwertende Bedeutung, sprich das Leben ist das nicht
mehr. Ich glaube, so eine Bedeutung
hatte das Wort 'Zivilisation' eigentlich nie und Spenglers Theorie wird hier
etwas schwach.
Und man
beachte den Satz: "Jede Kultur...." - aha - hatte der Oswald nicht
gesagt, das jede Kultur ihre eigenen
Wahrheiten hat, woher will er dann wissen, das jede Kultur in einer
tiefsymbolischen Beziehung zum Raume
steht.
Man sieht
hier die Problematik, die Spengler nicht lösen kann. Einerseits etwas
universales postulieren und dann aber
meinen es gebe keine Universalien. Den Widerspruch scheint er nicht bemerkt zu
haben.
von
onlineredakteur @ 20.09.11 - 21:39:49
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