Montag, 28. September 2015

Kant über distributive Gerechtikeit bei Kerstings Theorien der sozialen Gerechtigkeit (2011)

Ein interessantes Statement gab Kersting in seinem Buch "Theorien der sozialen Gerechtigkeit" von sich, als er im Kapitel "Kant über distributive Gerechtigkeit" über das Schwinden der Moral in unserer heutigen Zeit schrieb. Eben im Kontext von Gerechtigkeitstheorien. Ich werde das erst mal so aufnehmen, vielleicht wird es später noch wertvoller sein.

"Der durch erzwingbares Recht geordnete soziale Frieden ist eine allgemeine
Vorteilsdistribution, und um sich den Bedingungen zu unterwerfen, die die Wirklichkeit
dieser für jedermann vorteilhaften Ordnung garantiert und ihre Aushöhlung durch
free-rider-Parasitismus verhindert, ist keinerlei moralische Disziplinierung, kein Gemeinsinn,
keine Tugendhaftigkeit der Bürger vonnöten. Dieses liberale Integrationsprogramm basiert
auf einem motivationalen Externalismus, der alle Disziplinierungskosten dem rationalen
Zusammenspiel von zwangsbewehrter Rahmenordnung, rationalem Anreizsystem und
strategischer Anpassung überträgt. Dieses kluge Ordnungsarrangement benötigt keine
distributive Gerechtigkeit von Platonischem und Aristotelischem Zuschnitt. Wenn die Tugend
aus dem Gemeinwesen verschwindet, dieses durch staatliches Maschinenwerk ersetzt wird,
gibt es kein tugendagonales Wetteifern der Bürger, keine substantielle, von Seiten des
Gemeinwesen zu fördernde und zu kultivierende Verdienstlichkeit mehr, gibt es nur noch die
Verdienstlichkeitsformeln ritueller Staatsbegräbnisrhetorik. Diese Eigentümlichkeit der
politischen Moderne, sich von der Tugend der Bürger unabhängig zu machen und sie daher
verkümmern zu lassen und auf die ethischen Kultivierungsleistungen einer iustitia
distributiva zu verzichten, hat bereits Montesqieu im Rahmen seiner Monarchiebeschreibung
herausgestellt:...S. 49"

Wenn man die abstrakte Formulierung mal wieder halbwegs verstanden hat, dann scheint es so, als ob Kersting hier eine Kritik an dieser von Kant vorgestellten Idee über distributive Gerechtigkeit üben möchte.

Andererseits könnte man darin tatsächlich ein Faktum der heutigen Zeit sehen, aber es wird nicht deutlich, ob Kersting das so behauptet oder nicht.

Als Hintergrund vielleicht noch, weil Kersting am Ende des Zitats schreibt "...auf ethische
Kultivierungsleistungen...zu verzichten" - er rekurriert hier auf die in der Geschichte vorher in der
griechischen Antike entworfene Vorstellung von distributiver Gerechtigkeit, bei der Verteilungsgerechtigkeit auf Tugendbelohnung abzielt.

von onlineredakteur @ 27.11.11 - 22:54:15

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