Sonntag, 27. September 2015

Der Untergang des Abendlandes - Fortsetzung Teil 16 (2011)

Passend zum letzten Zitat heute eine weitere Textstelle aus Spengler's Werk die unterstreicht, das Spengler die Kultur, den Stil, der im Grunde dasselbe ist wie Kultur als etwas metaphysisches ansieht, was nicht erklärt werden kann. Womit er fein raus ist, hat er gedacht, der gute Oswald. Aber es hat seinem Anliegen eher geschadet. Wie auch immer, hier erst mal die Textstelle:

"Der Wert, welchen die Kunstwissenschaft von jeher auf eine zeitlose begriffliche Abgrenzung
der einzelnen Kunstgebiete gelegt hat, beweist lediglich, daß man in die Tiefe des Problems
nicht eingedrungen ist. Künste sind Lebenseinheiten, und Lebendiges läßt sich nicht
zerstückeln. Nach den alleräußerlichsten Kunstmitteln und Techniken das unendliche Gebiet
in vermeintlich ewige Einzelstücke - mit unwandelbaren Formprinzipien! - zu zerlegen, das
war immer der erste Schritt gelehrter Pedanten. Man trennte "Musik" und "Malerei", "Musik"
und "Drama", "Malerei" und "Plastik", dann definierte man "die" Malerei, "die" Plastik, "die"
Tragödie. Aber die technische Formensprache ist nicht viel mehr als die Maske des
eigentlichen Werkes. Stil ist nicht, wie der flache Semper - ein echter Zeitgenosse Darwins
und des Materialismus - meinte, das Produkt von Material, Technik und Zweck. Er ist im
Gegenteil das, was dem Kunstverstand gar nicht zugänglich ist, die Offenbarung von etwas
Metaphysischem, ein geheimnisvolles Müssen, ein Schicksal. Er hat mit den materiellen
Grenzen der Einzelkünste nicht das geringste zu schaffen.
Eine Einteilung der Künste nach den Bedingungen der Sinnenwirkung an die Spitze stellen,
heißt also, das Problem der Form von vornherein verderben. S.284"

Spenglers Ansinnen ist zwar klar, er sieht Kunst als das Ergriffensein des Menschen von etwas, das er selbst nicht erklären kann. In der Ethnologie gab es immer das schöne Bild von Roß und Reiter. Der Mensch ist nicht der Reiter sondern das Roß, der Reiter, das ist die große Unbekannte, in der Ethnologie war das bei dem Betrachtungsgegenstand von schriftlosen Kulturen meistens eine Gottheit. Der Ergriffene ist nicht mehr er selbst sondern durch ihn spricht ein Geist, ein spirituelles Wesen oder ähnliches. Diese Ergriffenheit zeigte sich im Ritual und sonstigen Zeremonien.

Ich glaube, das dies Spengler mehr oder weniger intendiert hatte aber er kann das Problem, welches solchen Aussagen, das irgendwas Metaphysisches Einfluss auf den Menschen nimmt, nicht zufriedenstellend klären.

Schon die Frage, wie er selbst denn zu dieser Erkenntniss gekommen ist, wenn es dem Verstand gar nicht zugänglich ist, das bleibt als Problem völlig unerkannt.

Es spielt ja jetzt keine Rolle ob ich von Musik, Malerei oder Plastik spreche oder von jemand, der ein Buch über das Werden und Vergehen von Kulturen schreibt. Auch das geschieht ja nicht kontextlos sondern innerhalb einer bestimmten Zeitepoche. Die Thematik hatte ich schon in den ersten Beiträgen erwähnt.

Ebenso wie Ergriffenheit auch beim Schreiben eine Rolle spielt weil ja die Lösung für ein geistiges Problem ebenso als ein Geschenk, etwas was vom Himmel kommt, empfunden wird.

Prinzipiell ist es schlecht, wenn man etwas Metaphysisches postuliert. Mit dem Aufkommen der Postmoderne wurden solche Konstrukte schnell als Herrschaftskonstrukte abgestraft.

Insofern hat Spengler hier keine Chance als Autor ernst genommen zu werden. Aber man muß halt die Zeit berücksichtigen. Zu seiner Zeit war diese Problematik noch nicht ins Bewußtsein der Wissenschaft gerückt.

Und dann natürlich braucht Spengler nicht das Kinde mit dem Bad ausschütten. Selbstverständlich ist die Einteilung in verschiedene Kunstformen sinnvoll, und dennoch kann auch Spengler's Idee des Vergleichs der jugendlichen Malerei im Abendland mit der jugendlichen Malerei im antiken Griechenland richtig sein. Wenn es diese Einteilung in verschiedene Kunstformen nicht gäbe, dann hätte sie Spengler auch gar nicht erst für sein eigenes Werk verwenden können.

Damit soll es erst einmal genug für heute sein.

von onlineredakteur @ 25.10.11 - 17:11:35

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