Sonntag, 27. September 2015

Der Untergang des Abendlandes - Fortsetzung Teil 3 (2011)

Die Gretchenfrage, vor der Oswald Spengler steht ist folgende:

Wie legitimiere ich meine Aussagen, wenn ich universelles behaupte, und gleichzeitig meine, das jede Kultur nur ihre eigene Wahrheit hat!

Ich glaube, das Spengler etwas von dieser Schwierigkeit geahnt hat, aber letztendlich diese Frage nicht beantworten konnte.

Also noch einmal: Spengler möchte ja selber die Geschichte betrachten als eine Geschichte von Organismen.

Durchaus machbar.

Aber wie bringt er das zusammen mit seiner eigenen Aussage, das jede Kultur ihre eigenen Wahrheiten hat.

Denn wenn jede Kultur ihre eigene Wahrheit hat, wie kann ich dann sagen, das die fremde Kultur, in
Spengler's Fall alle Kulturen außer seiner eigenen, der europäischen, nach diesem Prinzip von Kindheit, Jugend und Alter funktionieren?

Also muß er doch etwas universelles voraussetzen, im Grunde kann er das auch, aber er verleugnet es.

Er schreibt etwas seltsam anmutend:

"Die Morphologie der Weltgeschichte wird notwendig zu einer universellen Symbolik.
Damit fällt auch der Anspruch des höheren Denkens, allgemeine und ewige Wahrheiten zu
besitzen. Wahrheiten gibt es nur in bezug auf ein bestimmtes Menschentum. Meine
Philosophie selbst würde demnach Ausdruck und Spiegelung nur der abendländischen Seele,
im Unterschiede etwa von der antiken und indischen, und zwar nur in deren heutigem
zivilisiertem Stadium sein, womit ihr Gehalt als Weltanschauung, ihre praktische Tragweite
und ihr Geltungsbereich bestimmt sind. S. 64"

Als Ergänzung zum Begriff 'zivilisiertem Stadium' - Spengler beschreibt die Entwicklung einer Kultur hin von einer Kultur zu einer Zivilisation, wobei für ihn, so scheint es, Kultur das Lebendigere ist, Zivilisation eher nur noch ein technischer Verwaltungsakt, die Kultur lebt nicht mehr wirklich.

Also, wie gesagt, wenn Spengler meint, seine Philosophie würde nur Ausdruck und Spiegelung der
abendländischen Seele sein, dann fragt sich, wozu sich andere Kulturen damit beschäftigen sollten obwohl und gerade weil sie doch auch darin mit vorkommen. Was also sollte daran universell Beachtung finden?

Eigentlich nichts.

Aber dem ist eben nicht so. Da die Neuzeit alle vorhergehenden Zeitalter transformiert und transzendiert hat, ist sie mit universellen Aussagen auch berechtigt, dies von anderen Kulturen anerkennen zu lassen.

von onlineredakteur @ 05.09.11 - 11:00:11

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