Wie im
vorangegangenen Beitrag erwähnt, meint Spengler, das sich eine Kultur im Raume
ausdehnen will.
Es gibt
aber noch eine andere Bedeutung, die Spengler in Hinblick auf die Bezeichnung
von Raum sieht.
Nämlich
die seiner Meinung nach festzustellende Opposition zwischen Raum und Zeit.
Zwei
Begriffe, die sich, so Spengler, gegenseitig bedingen und eine Änderung im
Auffassen des Raumes ebenso
eine Änderung in der Auffassung über die Zeit zur Folge hat und umgekehrt.
Er
schreibt z.B.
"Und diese
Bildungsweise geht so weit, daß aus dem antiken Stil der Ausdehnung ein
spezifisch
antiker Zeitbegriff entsprang, der sich vom indischen, chinesischen,abendländischen genau so unterscheidet, wie es mit dem Raume der Fall ist.S. 166"
Das ist
durchaus richtig, das ein verändertes Raumbewußtsein auch ein verändertes
Zeitbewußtsein mit sich bringt.
Aber ob es deshalb notwendig ist, diese beiden Begriffe in Opposition zu
einander zu stellen scheint mir nicht
ganz schlüssig.
Da finde
ich die integrale Sichtweise besser, die das ganze unter der Art und Weise des
Bewußtseins betrachtet,
eleganter.
Interessant
ist nun, das Spengler ein Phänomen aus der Psychologie beschreibt, nämlich, so
würde ich sagen, das
Selbst oder das Ich, mit der Ebene, auf der es gerade seinen Hauptschwerpunkt
besitzt, völlig identifiziert ist, und
deshalb diese Ebene nicht bewußt wahrnimmt. Das gelingt erst, wenn die nächste
Ebene erreicht ist und die
ehemals Hauptidentitätsebene zu einer sekundären Ebene herunterrutscht. Dann
kann man ÜBER etwas
reflektieren, wenn man quasi "über den Dingen steht". So lange man in
einer Ebene voll identifiziert ist, geht das
nicht.
Ich
denke, das Spengler so ähnliche Vorstellungen hatte, aber er macht leider
daraus etwas völlig unnötiges, nämlich
er beschreibt die Hauptidentitätsebene als das wahre Leben und die Ebene, die
vorher die Hauptidentität
hatte und nun zu einer sekundären Ebene wurde als irgendwie tot.
Und das
muß eigentlich gar nicht sein.
Hier ein
Zitat in der dieser Gedanke des Reflektierens über etwas sichtbar wird:
"Aus
diesem Grunde ist der Begriff einer Kunstform - ebenfalls ein 'Gegenbegriff' -
erst
entstanden,
als man sich eines 'Gehalts' der Kunstschöpfungen bewußt wurde, das heißt, alsdie Ausdruckssprache der Kunst aufgehört hatte, samt ihren Wirkungen als etwas ganz
Natürliches und Selbstverständliches da zu sein, wie es zur Zeit der Pyramidenbauer, der
mykenischen Burgen und der frühgotischen Dome ohne Zweifel noch der Fall war. Man wird
plötzlich auf das Entstehen der Werke aufmerksam. Erst jetzt trennen sich für das verstehende
Auge eine kausale und eine Schicksalsseite aller lebenden Kunst. S. 166f."
Also
Spengler beschreibt diese Hauptidentitätsebene des Selbst als etwas wo man ganz
natürlich ist und selbstverständlich - worüber man also nicht reflektieren
kann.
Das mag
etwas ungeschickt formuliert worden sein, obwohl es auch nicht falsch ist,
generell muß man natürlich
sagen, ist Spenglers Theoriegebäude schwach, einfach weil es nicht
durchstrukturiert genug ist.
Aber hier
erkennt er sicher etwas richtiges, beschreibt es aber nicht wirklich passend.
Denn er
sieht das darüber reflektieren als etwas eher negatives an und dadurch wird die
Theorie wieder schief.
Statt zu
erkennen, das das darüber reflektieren ein ganz normaler Prozess in der
stetigen Entwicklung des Bewußtseins
ist.
von
onlineredakteur @ 23.09.11 - 21:24:22
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