Sonntag, 27. September 2015

Der Untergang des Abendlandes - Fortsetzung Teil 7 (2011)

Und weiter geht es im Text.

Wie im vorangegangenen Beitrag erwähnt, meint Spengler, das sich eine Kultur im Raume ausdehnen will.

Es gibt aber noch eine andere Bedeutung, die Spengler in Hinblick auf die Bezeichnung von Raum sieht.

Nämlich die seiner Meinung nach festzustellende Opposition zwischen Raum und Zeit.

Zwei Begriffe, die sich, so Spengler, gegenseitig bedingen und eine Änderung im Auffassen des Raumes ebenso eine Änderung in der Auffassung über die Zeit zur Folge hat und umgekehrt.

Er schreibt z.B.

"Und diese Bildungsweise geht so weit, daß aus dem antiken Stil der Ausdehnung ein
spezifisch antiker Zeitbegriff entsprang, der sich vom indischen, chinesischen,
abendländischen genau so unterscheidet, wie es mit dem Raume der Fall ist.S. 166"

Das ist durchaus richtig, das ein verändertes Raumbewußtsein auch ein verändertes Zeitbewußtsein mit sich bringt. Aber ob es deshalb notwendig ist, diese beiden Begriffe in Opposition zu einander zu stellen scheint mir nicht ganz schlüssig.

Da finde ich die integrale Sichtweise besser, die das ganze unter der Art und Weise des Bewußtseins betrachtet, eleganter.

Interessant ist nun, das Spengler ein Phänomen aus der Psychologie beschreibt, nämlich, so würde ich sagen, das Selbst oder das Ich, mit der Ebene, auf der es gerade seinen Hauptschwerpunkt besitzt, völlig identifiziert ist, und deshalb diese Ebene nicht bewußt wahrnimmt. Das gelingt erst, wenn die nächste Ebene erreicht ist und die ehemals Hauptidentitätsebene zu einer sekundären Ebene herunterrutscht. Dann kann man ÜBER etwas reflektieren, wenn man quasi "über den Dingen steht". So lange man in einer Ebene voll identifiziert ist, geht das nicht.

Ich denke, das Spengler so ähnliche Vorstellungen hatte, aber er macht leider daraus etwas völlig unnötiges, nämlich er beschreibt die Hauptidentitätsebene als das wahre Leben und die Ebene, die vorher die Hauptidentität hatte und nun zu einer sekundären Ebene wurde als irgendwie tot.

Und das muß eigentlich gar nicht sein.

Hier ein Zitat in der dieser Gedanke des Reflektierens über etwas sichtbar wird:

"Aus diesem Grunde ist der Begriff einer Kunstform - ebenfalls ein 'Gegenbegriff' - erst
entstanden, als man sich eines 'Gehalts' der Kunstschöpfungen bewußt wurde, das heißt, als
die Ausdruckssprache der Kunst aufgehört hatte, samt ihren Wirkungen als etwas ganz
Natürliches und Selbstverständliches da zu sein, wie es zur Zeit der Pyramidenbauer, der
mykenischen Burgen und der frühgotischen Dome ohne Zweifel noch der Fall war. Man wird
plötzlich auf das Entstehen der Werke aufmerksam. Erst jetzt trennen sich für das verstehende
Auge eine kausale und eine Schicksalsseite aller lebenden Kunst. S. 166f."

Also Spengler beschreibt diese Hauptidentitätsebene des Selbst als etwas wo man ganz natürlich ist und selbstverständlich - worüber man also nicht reflektieren kann.

Das mag etwas ungeschickt formuliert worden sein, obwohl es auch nicht falsch ist, generell muß man natürlich sagen, ist Spenglers Theoriegebäude schwach, einfach weil es nicht durchstrukturiert genug ist.

Aber hier erkennt er sicher etwas richtiges, beschreibt es aber nicht wirklich passend.

Denn er sieht das darüber reflektieren als etwas eher negatives an und dadurch wird die Theorie wieder schief.

Statt zu erkennen, das das darüber reflektieren ein ganz normaler Prozess in der stetigen Entwicklung des Bewußtseins ist.

von onlineredakteur @ 23.09.11 - 21:24:22

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen