Montag, 25. Januar 2016

Der arabische Mann

Neulich erschien ein interessanter Artikel in der ZEIT (im Grunde ist ZEIT generell ein sehr lesenswertes Medium - was ich mal so am Rande erwähnen möchte) mit dem Titel:

"Wer ist der arabische Mann?" von Bernd Ulrich (Link zum Artikel)

Hintergrund waren natürlich die Vorfälle zu Silvester in Köln am Hauptbahnhof und andernorts und thematisch bezog sich die Frage mehr auf den Punkt Sexismus.
Das fand ich interessant, denn ich glaub zum Verständnis des arabischen Mannes wird man das Thema Sexualität nicht ausblenden können, im Gegenteil es ist unabdingbar hier genau hin zu schauen.

Insofern war ich gespannt, was der Autor dazu sagen wird.

Insgesamt gesehen fand ich den Artikel schon mal sehr gelungen, nur der Anfang und das Ende fand ich etwas schwach. Ich will jetzt nicht alles bis ins kleinste auseinandernehmen aber ein Punkt, der mich gleich am Beginn des Artikels bewegte, möchte ich gleich mal herausgreifen.

Die Schwierigkeit in Kategorien zu denken und Verallgemeinerungen durchzuführen wurde da sehr deutlich als der Autor mit den Worten begann:

"Kann man über 'den' arabischen Mann schreiben? Eigentlich nicht, denn es gibt ihn so wenig, wie es 'den' deutschen Mann gibt. Mehr noch: Der Araber, der Muslim, der Muselman – das sind Klischees, die von jenem kolonialen Blick zeugen, der tief in der westlichen Kultur verankert ist. Um vor sich selbst zu rechtfertigen, dass man in Arabien wieder und wieder einmarschieren und mit der dortigen Bevölkerung nach Belieben umspringen darf, wurden die Araber als minderwertig, wild, verschlagen, aggressiv, geil und undiszipliniert dargestellt. Darum ist einiges Selbstmisstrauen angebracht, wenn 'wir' über 'die' zu sprechen beginnen."
Ein Gemisch aus Wahrheit und falsch verstandener Detailiertheit macht sich ein wenig breit. Und ich denke, das ist kein Einzelfall.

Meine Meinung: Selbstverständlich kann man über DEN arabischen Mann sprechen, genauso wie man über DEN deutschen Mann sprechen kann usw. 
Das Mißtrauen, welches der Autor hat, mit Verweis auf die Geschichte und dem kolonialen Blick ist zwar gut und richtig, heißt aber nicht, dass wir nicht in großen Kategorien denken dürfen bzw. sollen sondern das wir große Kategorien eben besser als solche kennzeichnen müssen und uns darüber bewußt sind! Nur weil es früher durch Pauschalisierungen zu Abwertungen ganzer Menschen und Ethnien kam, bedeutet dies nicht, das Pauschalisierungen und Verallgemeinerungen an sich falsch wären, sondern es ist die Frage, was man wie verallgemeinert.
Denn, und das ist das für mich entscheidende, wir tun alle im Grunde genau das, was dem Autor so skeptisch erscheint, nämlich in Kategorien zu denken. Ja, mehr noch, auch der Autor macht das und nur eine falsch empfundene Angst vor Verallgemeinerungen hindert ihn daran, dies auch zuzugeben. Und was mit Angst besetzt ist, kann nie wirklich sinnvoll sein.

Dabei ist, wenn man sich Artikel über welches Thema auch immer nimmt, eine gewisse Kategorisierung immer dabei. Ob ich über VW rede, die USA, den NSU oder Atomkraft, immer generalisiere ich verschiedenste kleinere Einheiten zu größeren zusammen um nicht jedes Detail zu erwähnen weil es für die Argumentation nicht entscheidend ist.

Das ist im Grunde so, wie wenn ich von weitem aus dem Weltall auf die Erde mit bloßem Auge blicken würde. Ich würde über DIE Erde sprechen, niemand würde das anzweifeln. Dennoch sehe ich nicht die kleineren Details, z.B. meine Straße, wo ich wohne. Dazu bräuche ich dann Hilfsmittel, aber mit dem bloßen Auge würde ich sie nicht sehen. Doch würde niemand ernsthaft behaupten, das, nur weil ich aus großer Entfernung die Straße nicht sehe, sie nicht existieren würde, richtig?!

Wenn man das nun überträgt auf Argumentationen über Dinge, die man jetzt nicht einfach anfassen kann, wie z.B. über solche kulturelle Kategorien wie "DER" arabische Mann usw. dann muß man selbstverständlich sich im klaren sein, dass man mit solchen Kategorisierungen bestimmte Feinheiten weglässt, sie übersieht wie auch immer. D.h. aber nicht, das man sie nicht im Bedarfsfall mit in seine Argumentation hinzunehmen kann.
Wenn ich aber etwas klar herausstellen möchte, dann bieten sich Verallgemeinerungen an. Das Einzige was hier wichtig ist, sind natürlich die Begründungen, woher sich diese Verallgemeinerungen herleiten lassen. Man muß es begründen können, wenn man "DEN" arabischen Mann mit der und der Eigenschaft belegt. Und diese Begründungen müssen einer wissenschaftlichen Überprüfung standhalten. 

Dann kann man das sehr wohl tun. 

Ich finde es jedenfalls bedenklich, wenn man beginnt sich im Klein Klein zu verlieren. Genau das ist dann ein Verlust der Übersicht über das große Ganze und wenn Journalisten keinen Überblick haben dann verstehen sie die großen Zusammenhänge nicht und das wäre fatal.
Es wäre auch der Beginn von Lügen, denn wie ich schon erwähnte, wir sprechen ständig in Kategorien, also sollte man auch dazu stehen.
Andersherum ist auch keine sinnvolle Kommunikation möglich, denn ich kann meine Beispiele genauso wie der Autor es mit dem Zweifel an der Kategorisierung zum arabischen Mann versuchte alle zerreden in dem ich frage: "Gibt es VW als Marke eigentlich" "Gibt es DIE USA eigentlich" usw. und ich werde dann immer ein Nein produzieren können weil ich dann auf kleinere Einheiten rekurriere. Ich könnte z.b. sagen, wenn man genauer hinschaut, werden bei VW dieselben Motoren wie bei Firma XY hergestellt usw. Wozu das führt ist eben dann ein Abschweifen ins Detail und ein Verlust des Überblickes über das große Ganze.

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