Montag, 27. Juni 2016

Nach dem Brexit...

Wie zu erwarten war, ist durch den Ausgang des Referendums in Großbritannien von einem Tag auf den nächsten nichts mehr so wie es mal war. Die Bedeutung dieses Ereignisses wird man sicher wie meistens erst in der späteren Betrachtung richtig einschätzen können aber wenn schon die BILD in ihrer Samstag-Ausgabe das Deckblatt komplett mit einem Riesendruck mit diesem Thema besetzt, dann zeigt das, wie tief dieser Einschnitt in der Entwicklung Europas (O-Ton Merkel) geht.

 
Über reichhaltige Diskussionsrunden danach konnte man sich jedenfalls nicht beklagen und oh welch Wunder, auch am Sonntag zum Presseklub konnte es selbstredend kein anderes Thema geben als den BREXIT.
 
Ich hatte den Anfang verpasst und schaute mir deshalb diesen etwas später auf Youtube an. Dankenswerterweise wurde es ja da hochgeladen, was ich sehr praktisch fand.
 
Aber die Stelle, die mich persönlich so aufregte, hatte ich schon am Sonntag gehört.
 
Es ging um das Statement von Herrn Peter Krause zur Emotionalität und EU.
 
Die Frage war, ob man die EU wieder lieb haben kann, wie die BILD-Zeitung es schrieb.
 
Nun kann man sicher über die Wortwahl der Redakteure bei BILD etwas schmunzeln aber das Thema an sich ist deswegen keineswegs so kindergartenhaft wie es erscheinen mag.
 
Die echauffierte Geste von Krause jedenfalls war m.E. völlig unnötig. Und mehr noch, genau seine Worte zeigen im Grunde, dass gerade er irgendwie nicht verstanden hat, um wieviel mehr es bei dem Projekt EU geht.
Hört man seinen Worten zu, dann sei die EU ein reines Vernunftprojekt, mehr noch, ein reines Nutzenprojekt. Unglaublich, so eine reduktionistische Sicht auf ein System zu haben. Und das ist nun der ARD-Korrespondentenchef. Ich verstehe das wirklich nicht.
...Die Leute sollten doch ihr Hirn einschalten und überlegen, was ihnen die EU nutzt... Damit schlägt er genau in dieselbe populistische Schiene wie die, die er möglicherweise kritisiert, die er für mitverantwortlich hält für den Ausgang des Referendums.
 
So was zu sagen verbietet sich eigentlich auf dem Niveau eines Chefs eines öffentlich-rechtlichen Senders.
Er ist auch schlecht beraten, wenn er solche Zitate benutzt wie das von Heinemann, der, wie er meinte, gesagt hatte, dass er seine Frau liebe, aber Deutschland???
Ebenso mit der naiven Annahme, Politik sei ein Vernunftgeschäft. Ich weiß zwar nicht, woher er das hat, aber es ist so ein typischer Ausdruck von völliger Emotionslosigkeit.
Ist das noch menschlich??? Nein.
 
Und was ist daran gefährlich? Es ist dieses Negieren von Emotionen, von dem was man das Irrationale nennt. Da aber Emotionen definitiv zum Menschen dazugehören, jeder Psychologe würde hier wohl 100%-ig zustimmen, kann man es nicht einfach wegreden. Es ist immer da. Wenn man es aber so wie Herr Krause wegrationalisieren will kommt es durch die Hintertür zurück. Und DAS ist noch viel gefährlicher als das was sich Herr Krause vorstellen kann.
 
Die Zeiten des 3. Reiches waren auch ein Ausbruch des Irrationalen weil vorher allein im öffentlichen wie privaten Diskurs das Rationale sich zwanghaft ausbreitete. Und das war ein Fehler! Wollen wir das noch mal?
 
Also in diesem Sinne kann ich nur davon abraten, keine Emotionen in der Politik oder beim Projekt EU zu zulassen. Statt sie also zu negieren, wäre es viel besser, zu lernen, wie man mit den Emotionen umgeht!
Selbstverständlich muß ein Mensch eine irgendwie geartete Emotionalität zu Europa entwickeln können. Das macht er ja sowieso jetzt auch schon, aber die ist sehr, sehr negativ! Warum? Weil man bisher von offizieller Seite her, Emotionen wenig Beachtung schenkte. Es ist wirklich zum Verzweifeln, dass dieser Fehler hier wieder von einem Menschen mit Verantwortung in der Öffentlichkeit gemacht wird. Das hat mich innerlich sehr aufgeregt.

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